Eduard Ignatowicz

Er war langjähriger Fahrer des österreichischen Nationalteams und vielfacher Meister fährt bikee!
Eduard Ingatowicz beteiligte sich viele Jahre maßgeblich an der Entwicklung und testete alle bikee-Komponenten vor der Serienproduktion.

Eduard Ignatowicz (1933 – 2020)

Eduard Ignatowicz (1933 – 2020)
(Aufzeichnung eines Gesprächs vom 11.9.2014)

Wie sind Sie zum Radsport gekommen?
Ich habe Former und Gießer gelernt in Feldbach, wohin meine Eltern im Krieg geflüchtet sind. Nach der Gefangenschaft hat mein Vater einen Job in Graz bekommen.
Ich war immer sehr sportlich unterwegs. In meiner Berufsschulklasse hat einer ein Rennrad gehabt und hat auch probiert Rennen zu fahren. Mit wenig Erfolg. Da hat einer gemeint: „Der Edi soll ́s einmal probieren, der ist ja der Sportlichste“. Da habe ich ́s halt einmal probiert. Das war ein Jugendrennen, der Start war in der Heinrichstraße, das Ziel war am Fasslberg oben. Ich hab ́ mich nicht ausgekannt, bin aber mitgefahren in dem ganzen Haufen und hab ́ gesehen, alle werden schneller – bin ich halt auch schneller geworden. So bin ich halt mitgefahren, und bin im Ziel Zweiter gewesen. Da haben wir Mordsgaudi gehabt. Damals war ja nichts, da hat man sich mit allem gefreut.

Ein halbes Jahr später hat mir dann der Vater ein Rad gekauft, auf Raten, und ich musste auch was dazuzahlen. Das war ein RIH Rad, ein ganz schönes Rad. Mit dem bin ich übrigens nur zwei Rennen gefahren, dann hat es ein besoffener Motorradfahrer mitgenommen, als ich mit meiner Frau am Straßenrand ging und es nebenher geschoben habe. Es war kaputt, und noch etliche Raten waren offen.

Ich habe mich dann beim ARBÖ Eggenberg angemeldet. Dann habe ich angefangen bei den Wulstreifenfahrern und habe jedes Rennen einfach gewonnen. Das war schon eine Begabung. Ich habe auch versucht, taktisch zu fahren, habe mir meine Gegner immer genau
angeschaut. Wenn ich gesehen habe, sie sind nicht so gut beisammen, habe ich attackiert. Ich habe versucht, immer taktisch zu fahren und mit möglichst wenig Krafteinsatz, wenn es gegangen ist.

Wie sind Sie zu Puch gekommen?
Damals hat Junior noch dominiert. Puch hat sich dann unter Direktor Rösche entschlossen, auch eine Radrennmannschaft zusammenstellen. Das Budget betrug 700.000 Schilling, das war 1953, und das war viel Geld. Zu dieser Zeit hat ein Vorarbeiter 800 Schilling verdient, Frauen noch um einiges weniger. Na gut, da haben sie mich angesprochen, ob ich nicht zu Puch kommen will. Ich habe zuerst gezögert. Dann haben sie den Mascha in Wien angesprochen und den Durlacher in Leoben, davon habe ich aber noch nichts gewusst. Sie haben mir – und den anderen – eine Werkswohnung angeboten. Das war natürlich was ganz Großes, das war was für einen jungen Menschen, zumal wir ja alle auch schon verliebt und liiert waren. Die Wohnung war am Dieselweg, die von Durlacher auch.

Da habe ich mich dann entschlossen zu Puch zu gehen. Wir haben im Sommer nicht arbeiten müssen. Wir waren im Grund genommen Profis, das hat man damals halt nicht sagen dürfen. Im ersten Jahr, 1953, ich bin noch für Eggenberg gefahren, habe ich mich durchgearbeitet von Wulst bis zu den Schlauch-Hauptfahrern. Mein erstes Rennen bei den Hauptfahrern bin ich in Leibnitz gefahren. Das war das Saisonschlussrennen, da bin ich knapp Zweiter geworden hinter Pferschy und vor Rauschl, glaube ich.

Bei Puch sind wir dann mit Bergmeister-Rädern ausgestattet worden. Der Trainer, Urbanschitz, der auch geholt wurde, ist bei den Trainings mitgefahren, wir hatten einen Mechaniker – vermutlich Karl Sodec (Anm.) – mit eigener Werkstatt in Thondorf. Der Werksarzt hat uns immer untersucht und der Küche gesagt, was wir essen dürfen. Nach dem Training sind wir im Einser-Werk duschen gegangen, der Masseur hat auf uns gewartet, dann sind wir essen gegangen. Das ist so weit gegangen, dass sie mir vom Werk einen Hilfsarbeiter geschickt haben, wenn ich zuhause eine Lieferung Kohle bekommen habe, damit meine Muskeln laut Arzt nicht falsch belastet werden. Eine tolle Geschichte.

Das waren wirklich goldene Jahre, kann man sagen…
Ja. Im Winter war ich im Einser-Werk (Werk in der Puchstaße, Anm.) bei Herrn Sturm im Nabenbau tätig. Einmal habe ich auch, weil ich ja Former und Gießer gelernt hatte, die Prototypen der Zylinder für den Puchwagen in Pressguss hergestellt.
Schon Anfang Februar waren wir dann eine Woche in Vasoldsberg, wo Puch in einem Schloss ein Erholungsheim hatte, zur Vorbereitung. Von dort sind wir dann zum Training an die Riviera gefahren.

Das erste Rennen für Puch war 1954 auf der Strecke über Gleisdorf und Weiz mit Start und Ziel in der Heinrichstraße. Ich bin vom Start weggefahren und war immer in Sichtweite vorne, die Junior-Mannschaft hat sich hinten eingereiht und hat das Loch nicht zumachen können. Meine Kollegen haben sie in Schach gehalten. Ich bin halt mein Tempo gefahren und habe einen Start-Ziel-Sieg gelandet. Bei einem ziemlich hohen Schnitt, 38 km/h glaube ich, trotz hügeliger Strecke und schlechten Fahrbahnverhältnissen.

Das war eine gute Werbung für das neue Team. Wir haben uns auch gut verstanden und haben ausgemacht, dass wir alles, was wir gewinnen zusammenlegen und aufteilen. Das war, glaube ich die beste Entscheidung für uns alle. Es war ein anderes Klima. Die Preise, die wir bekommen haben, haben wir dann versteigert. Die Fans haben sich schon erkundigt, in welchem Hotel wir übernachten, weil sie wussten, dass wir die Preise versteigern. Das Geld,
das wir so eingenommen haben, haben wir unter uns aufgeteilt, auch andere, die Domestiken, haben was bekommen, Koroschetz zum Beispiel, 12 bis 14 Mann insgesamt waren wir in der Mannschaft, auch der Masseur und der Mechaniker.

Hat es im Team eine Spezialisierung gegeben?
Durlacher und Mascha waren am Berg sehr stark, ich war Allrounder. Je nach Rennverlauf haben wir uns gegenseitig unterstützt. Wie ich zum Beispiel Zweiter wurde bei der Rundfahrt 1955, war ich gar nicht vorgesehen dafür, um den Sieg zu fahren. Mascha war im Gelben Trikot, aber drei Etappen vor dem Ziel hat er es nicht mehr geschafft. Ich war immer unter den ersten zehn, und da sind sie zu mir gekommen: „Edi, du musst schauen, was du noch herausfahren kannst.“ Dann haben mich alle unterstützt und so bin ich noch Zweiter geworden.

Was waren für Sie persönlich die größten Highlights?
Ich war zwei Mal Austria-Cup-Sieger, insgesamt habe ich 160 Rennen gewonnen. Ich war einmal bester Sportler des Jahres.

Was war das Geheimnis des Puch-Erfolges damals, dass jeder seine Stärken hatte und der Teamgeist?
Wir waren ehrlich zueinander und haben uns gegenseitig unterstützt, obwohl wir sehr unterschiedliche Charaktere waren.

Und im Vergleich zu Junior?
Mit Franz Deutsch war das Verhältnis ja eher schwierig, oder?

Er war nicht kollegial. Er hat die Jungen nie auf sein Hinterrad fahren lassen, hat sich selbst
gerne in Szene gesetzt und schon einmal die Ellbogen gebraucht. Er war sicher ein Spitzenfahrer, aber Kamerad war er keiner.

Sie haben ja schon 1959 mit dem Rennfahren aufgehört.
Ja, da war Puch sehr böse über diesen Entschluss. Aber ich habe gewusst, auf Dauer bringt mir der Sport nichts ein, ich muss mir eine berufliche Karriere aufbauen.
Ich habe mir im Management einen Namen gemacht, als Troubleshooter. Bei NBC Rechenmaschinen, dann habe ich das Shopping Center West aufgebaut.

Sie sind ja auch heute noch aktiver Radfahrer.
Ich fahre nach wie vor gerne Rad, habe aber einige Herzinfarkte gehabt und soll einerseits Bewegung machen, mich andererseits aber nicht zu sehr anstrengen. Also bin ich auf das Elektrorad von bikee gekommen, zuerst für meine Frau, dann für mich. Seit drei Jahren arbeite ich mit dieser Firma zusammen, stelle die Modelle zusammen und ich teste die Räder, bevor sie ins Programm kommen. Das ist das stärkste Elektrofahrrad in Österreich und sehr erfolgreich. Ich selbst bin so 3.000 km im Jahr unterwegs.

Text: WOLFGANG WEHAP